Kälbertransport

Tiertransporte und Milchwirtschaft

Warum der Konsum von Milchprodukten Tiertransporte verursacht

30.11.2020

Unglaubliche 25,8 Millionen Tiere wurden im Jahr 2021 aus Österreich in die EU und in Drittstaaten exportiert. Darunter sind jährlich rund 45.000 Kälber, die als "Nebenprodukt" der Milchwirtschaft keinen Wert haben. Wir erklären, wie das Schicksal dieser Kälber mit der Milchwirtschaft in Österreich zusammenhängt.

Warum werden so viele Kälber aus Österreich exportiert?

Siehe Grafik links

Damit eine Kuh Milch gibt, muss sie ein Kalb gebären. Dieses Kalb ist aber nur "Mittel zum Zweck", denn es darf die Milch seiner Mutter so gut wie nie selber trinken. In der intensiven Milchwirtschaft werden Kälber am ersten Tag nach der Geburt von ihren Müttern getrennt und mit Milchersatzprodukten (oft mit Beimengung von Palmöl) gefüttert. Damit wird sichergestellt, dass die Milch der Mutterkuh vom ersten Tag an für die Milchindustrie genutzt werden kann. Endet die Laktationsperiode, das heißt, gibt die Kuh keine Milch mehr, steht die nächste Besamung, Schwangerschaft und Geburt eines Kalbes an. So setzt sich der Kreislauf für Kühe meist fünf oder sechs Mal fort, bis sie schlussendlich aussortiert und geschlachtet  werden, weil die Milchleistung sinkt


Was passiert aber nun mit den vielen geborenen Kälbern?

Ihr Schicksal hängt davon ab, ob sie männlich oder weiblich sind.

  • Weibliche Kälber werden zu einem großen Teil wieder zu Milchkühen. Das heißt, sie werden entweder im Betrieb, in dem sie geboren wurden, oder auf einem anderen Betrieb, großgezogen, bis sie alt genug sind, um besamt zu werden und dann in einem Milchviehbetrieb selbst als Milchkuh zu leben.
  • Männliche Kälber könnten gemästet werden, doch das scheint den meisten Österreichischen Betrieben nicht gewinnbringend genug. Denn die männlichen Kälber der gängigen Milchviehrassen setzen weniger und langsamer Fleisch an, als Rassen, die für die Mast gezüchtet werden. Das heißt, ihre Mast dauert länger und ist teurer. 

    Sie werden nach einer kurzen Zeit, die sie alleine und abgeschottet von Artgenossen in so genannten "Kälberiglus" verbringen, weiterverkauft - und zwar meist ins Ausland.

    Sie werden über einen Viehhändler weiterverkauft und landen nach stunden- und tagelangen Transporten auf engen Lastwägen dann in Ungarn, Italien oder Spanien, wo sie billig (weil unter niedrigeren Tierschutzstandards als in Österreich) gemästet werden, bis sie entweder schlachtreif sind, oder, nach der Mast als Schlachttiere in Drittstaaten weiterverkauft werden. Letzteres bedeutet natürlich einen weiteren Langstreckentransport per Schiff oder LKW.


Welche Probleme treten beim Transport von Kälbern auf?

  • Das größte Problem ist, dass die Jungtiere in einem Alter ab 3 Wochen transportiert werden. In diesem zarten Alter sind sie noch nicht „abgesetzt“, das heißt, dass sie noch auf Milchnahrung angewiesen sind. Die Tränken auf den Transportern sind nicht für Milchnahrung geeignet. Aber auch die Wassertränken können die Kälber oft nicht bedienen, und hungern  auf den Fahrten, leiden an Durst oder sterben noch Tage danach an den Strapazen des ca. 19-stündigen Transports. Studien haben ergeben, dass die Sterblichkeit von transportierten Kälbern zwei Wochen nach dem Langstreckentransport sieben Mal höher ist als bei Kälbern, die am Herkunftsbetrieb bleiben.
  • Die Kälber sind enormem Stress ausgesetzt, haben Angst und werden nur unzureichend versorgt. Gesetzlich vorgeschriebene Pausen werden oft neben der Straße, wo es laut und dreckig ist, oder auch gar nicht eingehalten.

 

Wohin werden österreichische Tiere allgemein exportiert?

Siehe Grafik in der Mitte

Grob kann man sagen, dass sich die unglaubliche Summe von fast 26 Millionen Tieren, die jährlich aus Österreich exportiert werden, zusammensetzt aus:

  • Zuchtrindern, das sind meist trächtige Kalbinnen (das heißt, dass sie mit ihrem ersten Kalb schwanger sind), die auf Direkttransporten über Tage und Wochen in Drittstaaten wie Aserbaidschan, Russland oder in die Türkei gebracht werden (unter dem Deckmantel des Aufbaus einer Zuchtpopulation, mehr dazu hier)
  • Kälbern, die als Nebenprodukt der Milchindustrie zur Mast in EU-Staaten (z.B. Italien oder Spanien) gebracht werden,  von wo aus sie oftmals in Drittstaaten weiter transportiert werden
  • Hühner - und Putenküken, die millionenfach zum Beispiel nach Deutschland, Ungarn oder Polen für die Mast verkauft werden
  • Schlachtreifen Rindern, Schweinen, Schafen und Ziegen, die noch lebend in die Zielländer transportiert werden, wo sie dann geschlachtet werden

Wie hängen Tiertransporte und Fleischproduktion zusammen?

Siehe Grafik rechts

Nicht nur in Österreich sondern in der gesamten EU dominiert ein absurdes Spiel aus Import und Export die Landwirtschaft. Lebende Tiere werden sowohl nach Österreich importiert, als auch aus Österreich in die EU und in die ganze Welt exportiert, während paradoxerweise ebenso tonnenweise Fleisch jährlich sowohl importiert als auch exprtiert wird. Man könnte meinen, der Grund dafür ist, dass wir hier im Land zu wenig Fleisch produzieren und uns selbst nicht versorgen können. 

Genau das Gegenteil ist jedoch der Fall - neben den Lebendtieren werden auch hunderttausende Tonnen Fleisch jährlich exportiert. Der Selbstversorgungsgrad (die Balance aus Inlandsverbrauch und Erzeugung) bei Rind und Schwein liegt über bzw. bei rund 100 %. Bei Geflügel, Schafen und Ziegen decken wir gut drei Viertel des Verbrauchs mit der Produktion im Inland. 

Doch Profit auf Kosten von Tierwohl kann nie die Antwort sein! 

VIER PFOTEN ist davon überzeugt, dass durch eine transparente und verpflichtende Haltungs- und Herkunftskennzeichnung auch die Konsumentinnen und Konsumenten bewusstere Entscheidungen für mehr Tierwohl auf ihren Tellern treffen können - und werden. Und dass durch gezielte Förderungen für mehr Tierwohl in den Betrieben Anreize für eine bessere Haltung geschaffen werden. Letztlich muss aber der gesamte Konsum tierischer Produkte langfristig reduziert werden, um das System "Fleischproduktion" nachhaltig zu verändern. 

Wie können wir das System verändern?

Jede und jeder kann durch sein tägliches Essens- und Kaufverhalten einen Beitrag zu mehr Tierwohl leisten.

Was kann man gegen Tiertransporte unternehmen?
  • VIER PFOTEN Petition gegen Tiertransporte unterschreiben!
  • Auf Herkunft UND Haltung achten! Gütesiegel mit hohen Tierschutzstandards bevorzugen
  • Biologische, saisonale und regionale Produkte kaufen.
  • Fleischkonsum außer Haus (Gastro, Kantinen, Imbiss) reduzieren, da die Herkunft des Fleisches dort oft gänzlich unbekannt ist.
  • Besonders in der Gastro: Nachfragen, wo die tierischen Produkte herkommen und wie die Tiere gehalten wurden.
  • Weniger Fleisch und Milchprodukte konsumieren, pflanzliche Alternativen ausprobieren. Das 3-R-Prinzip gibt hier einen praktischen Leitfaden.
Tiertransporte stoppen

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