
Eingriffe bei Schweinen
Schweine werden verstümmelt, um sie an mangelhafte landwirtschaftliche Haltungsbedingungen anzupassen.
Mastschweine werden mehreren schmerzhaften Eingriffen unterzogen. Diese werden meist ohne Betäubung und Schmerzlinderung durchgeführt. Und wozu? Für mehr Wirtschaftlichkeit und damit billigeres Fleisch.







*Globalisierung bedeutet weltweiten Handel – und damit auch Handel mit Tierleid! Nicht alle grausamen Praktiken werden in jedem Land durchgeführt, da die Rechtslage unterschiedlich ist: Während in einigen Ländern bestimmte Praktiken illegal sind, sind sie in anderen gar nicht geregelt. Dennoch können durch freien Handel im Rahmen der Globalisierung Produkte importiert werden, die aus Haltungssystemen mit viel Tierleid stammen. Außerhalb Deutschlands müssen die Tiere auch diese Praktiken erleiden.
Schwanzkupieren
- Zweck: Verhinderung der Folgen des Schwanzbeißens, wie z.B. Schwanzverletzungen, Entzündungen, Infektionen sowie schlechtere Gewichtszunahmen.
- Verfahren: Mit einem heißen elektrischen Draht (einem so genannten Kupiereisen) oder einem Skalpell wird das Schwanzende abgeschnitten, ohne dass eine Betäubung und (ausreichende) Schmerzlinderung erfolgen. Die Wunde wird nicht nachbehandelt, und durch die belastende Prozedur leiden die Tiere unter akuten und chronischen Schmerzen sowie unter dem Verlust der Möglichkeit, natürliches Verhalten zu auszuüben.1 In Österreich, darf der Eingriff bei Schweinen, die nicht älter als sieben Tage sind, mit einem Gerät durchgeführt werden, welches scharf schneidet und gleichzeitig verödet. Dabei darf maximal die Hälfte des Schwanzes entfernt werden. Der Eingriff darf durch eine sachkundige Person mit wirksamer Schmerzbehandlung, welche auch postoperativ wirkt, durchgeführt werden. Aus Tierschutzsicht ist die alleinige Schmerzbehandlung allerdings vollkommen unzureichend. Auch ein Tierarzt darf nach wirksamer Betäubung und anschließender Verwendung schmerzstillender Mittel das Schwanzkupieren vornehmen.
- Informationen: Schwanzbeißen ist eine Verhaltensstörung bei Schweinen, die durch die Intensivhaltung ausgelöst wird. Würden die Haltungs- und Lebensbedingungen an die Bedürfnisse der Tiere angepasst, wäre das Kupieren der Schwänze überflüssig. Stattdessen werden die intelligenten Tiere auf Vollspaltenböden in einer schlecht strukturierten und kargen Umgebung gehalten, in der ihre natürlichen Bedürfnisse nicht befriedigt werden. Es gibt kein Material zum Wühlen, Bearbeiten oder Erkunden, wie z. B. Stroh oder Erde. Dabei verbringen Schweine unter natürlichen Bedingungen 75 % ihrer Zeit mit Wühlen, Futtersuche und Fressen.2 Diese Verhaltensweisen können in der heutigen intensiven Schweinehaltung nicht ausreichend ausgelebt werden. Folglich leiden die Schweine und lenken ihr Verhalten auf das Beißen an den Ringelschwänzen anderer Schweine um.
- Was muss sich ändern?
- Die Anreicherung der Umgebung mit tiefer Stroh-Einstreu und anderen veränderbaren Materialien kann das Schwanzbeißen verringern, indem das normale Erkundungsverhalten gefördert wird.3,4
- Es sollten alternative Haltungssysteme eingesetzt werden, da das Kupieren des Schwanzes das Schwanzbeißen nicht zwangsläufig verhindert.5
- Auch Ernährungsfaktoren spielen eine Rolle. Geeignete Fütterungssysteme sind erforderlich.
- VIER PFOTEN fordert: Ein generelles Verbot des Schwanzkupierens in allen Ländern. Obwohl das routinemäßige Kupieren von Ringelschwänzen seit 1994 EU-weit verboten ist, wird es in den meisten Ländern immer noch von einem Großteil der Schweinebetriebe durchgeführt und von den Behörden geduldet. Auch in der österreichischen Tierhaltungsverordnung ist festgehalten, dass das Kupieren des Schwanzes erlaubt ist, solange der Eingriff nicht routinemäßig und nur dann durchgeführt wird, wenn er erforderlich ist, um weitere Verletzungen an den Ohren oder an den Schwänzen anderer Schweine zu vermeiden. Das Verbot muss aber ohne Ausnahmeregelungen gelten, da diese nicht funktionieren und nur dem Missbrauch Tür und Tor öffnen. Angemessene Bedingungen in der Schweinehaltung machen Amputationen von Körperteilen überflüssig. Eine Verbesserung der Lebensbedingungen (z. B. durch ein generelles Verbot aller Vollspaltenböden, durch mehr Platz, gut strukturierte Buchten mit tiefer Stroh-Einstreu, Auslauf, gute Luftqualität, ausreichend geeignetes Beschäftigungsmaterial und eine adäquate Fütterung usw.) würde das Schwanzbeißen reduzieren, wenn nicht sogar komplett verhindern.
Zähneschleifen
- Zweck: Es soll verhindert werden, dass die Ferkel sich während des Saugens gegenseitig oder das Gesäuge der Muttersau verletzen.
- Verfahren: Die Eckzähne werden in den ersten Lebenstagen mit einer Zange abgekniffen (in Österreich verboten) oder mit einer elektrischen Schleifmaschine gekürzt. Dies wird oft routinemäßig durchgeführt (bei allen Ferkeln eines Wurfes, bei allen Würfen). Auch wenn der Eingriff i.d.R. nicht schmerzhaft ist, da im Zahnschmelz keine Nerven vorhanden sind, bedeutet er für die Ferkel großen Stress. Es kommt aber durchaus vor, dass die Zähne zu stark gekürzt oder abgeschliffen werden, was auch langfristig sehr starke Schmerzen verursachen kann. Das Klippen der Zähne mit dem Seitenschneider führt außerdem häufig zum Splittern der Zähne, zu Entzündungen und Infektionen und ist daher in den meisten europäischen Ländern verboten.8 In Österreich darf das Verkleinern der Eckzähne nicht routinemäßig erfolgen, sondern nur um weitere Verletzungen am Gesäuge der Sauen zu vermeiden. Die Schweine dürfen dabei nicht älter als sieben Tage sein und durch das Abschleifen muss eine glatte und intakte Oberfläche entstehen. Auch bei Ebern dürfen die Eckzähne gekürzt werden.
- Informationen: Nach der Geburt etablieren die Ferkel eine Zitzenordnung, wobei stärkere Ferkel versuchen, die vorderen Zitzen zu besetzen, die tendenziell mehr Milch produzieren. Bei der Herstellung und Aufrechterhaltung dieser Ordnung kann es zu exzessiven Kämpfen kommen, und die scharfen, spitzen Zähne können bei anderen Ferkeln schnell Verletzungen an ihren Wangen oder sogar am Gesäuge der Sau verursachen. Das passiert vor allem dann, wenn es zu viele Ferkel gibt oder die Sau aus anderen Gründen nicht genug Milch geben kann (z.B. bei einer Gesäugeentzündung) - beides ist oft der Fall, denn in der industriellen Landwirtschaft werden Sauen darauf gezüchtet, so viele Ferkel wie möglich zu produzieren, auch wenn das zu Problemen mit untergewichtigen und konkurrierenden Ferkeln führt, die versuchen, genug Milch zum Überleben zu bekommen.
- VIER PFOTEN fordert: Ein Verbot des Zähne-Abkneifens in allen Ländern. Bei Verletzungen der Ferkel oder der Sau kann ein vorsichtiges Glätten durchgeführt werden, wobei sichergestellt werden muss, dass die lediglich 1 mm bis 1,3 mm dicke Schicht Zahnschmelz nicht zu stark abgeschliffen wird, Verbesserung der Lebensbedingungen v.a. durch die Zucht hin zu weniger Ferkel pro Wurf und/oder einem besseren Fütterungsmanagement der Sauen, um Konkurrenz um knappe Ressourcen (Muttermilch) zu vermeiden und dadurch den Eingriff überflüssig werden zu lassen.
Schlagstempel
- Zweck: Identifizierung und Rückverfolgbarkeit (auf dem Schlachthof).
- Verfahren: Bevor die Schweine geschlachtet werden, werden sie mit einem scharfen Nadelwerkzeug auf beiden Seiten des Körpers geschlagen, um eine Tätowierung zu erzeugen. Die scharfen Nadeln sind mit Tinte bedeckt und dringen tief in die Haut des Schweins ein. Dies geschieht ohne Betäubung und Schmerzmittel.
- VIER PFOTEN fordert: Ein Verbot von Kennzeichnungen, die mit schmerzhaften Verstümmelungen/Eingriffen einhergehen.
Weitere Markierungsverfahren
- Zweck: Identifikation
- Verfahren:
- Ohrmarken: Die Ohren werden durchstochen, um Ohrmarken anzubringen.
- Einkerben der Ohren*: Mit einer Zange wird ein kleines Stück aus den Schweineohren entfernt (in Österreich verboten).
- Tätowieren*: Die Haut des Schweins wird mit einer scharfen Nadel durchstochen, um Tinte unter die Haut zu bringen (in Österreich verboten).
- Informationen: All diese Methoden fügen dem Schwein Schmerzen9 zu und werden meist ohne Betäubung und Schmerzmittel durchgeführt.
- VIER PFOTEN fordert:
Ein Verbot von Kennzeichnungen, die mit schmerzhaften Verstümmelungen/Eingriffen einhergehen.
Betäubungslose Kastration männlicher Ferkel:
- Zweck: Verhinderung des so genannten „Ebergeruchs“ – als unangenehm empfundener Geruch und/oder Geschmack, der beim Erhitzen von Schweinefleischprodukten von intakten Ebern auftreten kann; die Häufigkeit des Auftretens dieses Geruches ist jedoch ungewiss.6
- Verfahren: Die Haut der Hoden wird mit einem Skalpell aufgeschnitten, die Hoden werden herausgedrückt und abgeschnitten. Die Kastration von Ferkeln ohne Betäubung verursacht akute und langanhaltende Schmerzen und viel Stress für die Tiere. Zusätzlich können Entzündungen und Infektionen der Wunden auftreten.7 In Österreich ist die Kastration bei Ferkeln, die jünger als sieben Tage sind, unter Schmerzbehandlung, welche auch postoperativ wirkt, erlaubt, was aus Tierschutzsicht allerdings völlig unzureichend ist. Zudem ist die Anwendung einer Inhalationsnarkose mit Isofluran, auf freiwilliger Basis, erlaubt.
- Informationen: Es gibt drei Optionen, die die schmerzhafte Kastration und das damit verbundene Leid der Ferkel unnötig machen und aus Sicht des Tierschutzes akzeptabel sind: die Aufzucht intakter, also unkastrierter, Eber, die Impfung gegen Ebergeruch (Immunokastration, die nicht mit einem schmerzhaften chirurgischen Eingriff verbunden ist) und Kastration durch einen Tierarzt bzw. eine Tierärztin mit Betäubung und multimodaler Schmerzlinderung.
- VIER PFOTEN fordert: Wenn auf die chirurgische Kastration nicht verzichtet wird, muss sie zumindest in allen Ländern von einem Tierarzt bzw. einer Tierärztin mit Betäubung und mit multimodaler Schmerzlinderung durchgeführt werden. Alternativen zur Kastration wie die Aufzucht intakter Eber oder die Impfung gegen Ebergeruch (Immunokastration) sollten bevorzugt eingesetzt werden.
Aufzucht intakter Eber: Es wird auf die Kastration verzichtet. Da unkastrierte Eber jedoch, wenn sie in die Pubertät kommen, mehr Aktivität und auch Konkurrenzverhalten zeigen, benötigen sie unbedingt eine an ihre Bedürfnisse ausgerichtete Haltungsumwelt mit ausreichend Platz, Strukturierung und geeigneten Beschäftigungsmaßnahmen.
Impfung gegen Ebergeruch: Die männlichen Tiere bekommen i.d.R. zwei Injektionen mit einem Abstand von mindestens vier Wochen. Das Präparat verbleibt nicht im Schwein und die Wirkung ist reversibel.
Nasenkrampen/Nasenringe*:
- Zweck: Verhindert das Wühlen in der Freilandhaltung.
- Verfahren: Ein Metallring wird mit einer Zange in den oberen Teil des Rüssels eingezogen – ohne Schmerzlinderung. Der Rüssel eines Schweins ist ein sehr empfindliches Körperteil. Er hat mehr Nervenenden als die Fingerspitzen des Menschen. Daher verursachen Nasenringe akute sowie chronische Schmerzen und schränken das natürliche Verhalten der Tiere stark ein (in Österreich verboten).
- Informationen: Schweine haben einen ausgezeichneten Geruchssinn und sind von Natur aus motiviert nach Wurzeln zu wühlen und sie zu fressen.10 Auch wenn Schweine das Glück haben, in Freilandhaltung zu leben, werden sie oft daran gehindert, ihr natürliches Wühlverhalten auszuleben: Um Bodenschäden durch Freiland-Schweine zu vermeiden, wird ihnen ein Nasenring eingesetzt. Die Schnauze eines Schweins ist stark durchblutet, hat 5.000-mal mehr Nervenenden als eine menschliche Fingerkuppe und die Funktion ist ungefähr dieselbe für die Tiere: Schweine nutzen ihren Rüssel, um Futter und Bodenorganismen aufzuspüren. Außerdem spielt er eine wichtige Rolle im Sozialverhalten. Jede Entzündung oder Verstümmelung in diesem Bereich ist mit großen Schmerzen und lebenslangen Irritationen verbunden. Es gibt viele nicht-invasive Alternativen, um die Weide zu schonen, wie z. B. die Verringerung der Besatzdichte auf der Weide, ein regelmäßiger Wechsel der Weide, die Optimierung der Fütterung und die Bereitstellung spezieller Bereiche zum Wühlen.
- VIER PFOTEN fordert: Ein Verbot von Nasenringen in allen Ländern. Wühlen ist ein natürliches Verhalten von Schweinen und sollte nicht durch einen schmerzhaften Nasenring verhindert werden. Im Gegenteil: Das Verhalten sollte ermöglicht und unterstützt werden.
Forderungen von VIER PFOTEN zu Eingriffen bei Schweinen:
- Ein generelles Verbot des Schwanzkupierens – ohne Ausnahmen - in Österreich und allen Ländern sowie eine konsequente Umsetzung dieses Verbots. Kein Dulden von Verstößen mehr, kein Wegschauen! Es müssen endlich angemessene Bedingungen in der Schweinehaltung geschaffen werden, die Amputationen von Körperteilen überflüssig machen.
- Die Kastration von (männlichen) Schweinen soll in Österreich und allen Ländern nur von einem Tierarzt/einer Tierärztin unter Betäubung und mit multimodaler Schmerzlinderung durchgeführt werden dürfen. Vorzugsweise sollten aber Alternativen zur Kastration wie die Aufzucht intakter Eber oder die Impfung gegen Ebergeruch (Immunokastration) eingesetzt werden.
- Ein Verbot von schmerzhaften und verstümmelnden Kennzeichnungsmethoden.
- Verbot von schmerzhaften und verstümmelnden Kennzeichnungsmethoden.
- Ein Verbot von Nasenringen in allen Ländern.
- Eine Verbesserung der Lebensbedingungen (z. B. durch ein generelles Verbot aller Vollspaltenböden, durch mehr Platz, gut strukturierte Buchten, Auslauf, ausreichend geeignetes Beschäftigungsmaterial, gute Luftqualität und durch Verringerung der Anzahl der Ferkel pro Sau usw.), um Schwanzbeißen und Kämpfe zu vermeiden. Dadurch würden belastende und schmerzhafte Eingriffe wie das Kürzen der Zähne und das Kupieren der Schwänze überflüssig werden.
- Es ist wichtig, nicht nur die Symptome zu behandeln, die bei einer nicht artgemäßen Haltung auftreten können, sondern auch die Ursachen zu beseitigen - das Haltungssystem sollte an die Bedürfnisse der Tiere angepasst werden, nicht andersherum!
Quellenverweis
2. Stolba A, Wood-Gush DGM. The behaviour of pigs in a semi-natural environment. Animal Science. 1989; 48(2):419–425. doi:10.1017/S0003356100040411
3. De Weerd HAV, Docking CM, Day JEL, Breuer K, Edwards SA. Effects of species-relevant environmental enrichment on the behaviour and productivity of finishing pigs. Applied Animal Behaviour Science. 2006; 99(3):230–247. doi:10.1016/j.applanim.2005.10.014
4. Lahrmann HP, Hansen CF, D´Eath RB, Busch ME, Nielsen JP, Forkman B. Early intervention with enrichment can prevent tail biting outbreaks in weaner pigs. Livestock Science. 2018; 214:272–277. doi.org/10.1016/j.livsci.2018.06.010
5. Nannoni E, Valsami T, Sardi L, Martelli G. Tail Docking in Pigs: A Review on its Short- And Long-Term Consequences and Effectiveness in Preventing Tail Biting. Italian Journal of Animal Science. 2014; 13(1):3095. doi:10.4081/ijas.2014.3095
6. Walstra P, Claudi-Magnussen C, Chevillon P, von Seth G, Diestre A, Matthews KR, Homer DB, Bonneau M. An international study on the importance of androstenone and skatole for boar taint: levels of androstenone and skatole by country and season. Livestock Production Science. 1999; 62(1):15–28. doi:10.1016/S0301-6226(99)00054-8
7. Rault J-L, Lay DC, Marchant JN. Castration induced pain in pigs and other livestock. Applied Animal Behaviour Science. 2011; 135(3):214–225. doi:10.1016/j.applanim.2011.10.017
8. Sinclair ARL. Behavioural and physiological consequences of tooth resection in commercial piglets: implications for welfare. PhD thesis, University of Edinburgh. 2022. https://era.ed.ac.uk/handle/1842/39259 (aufgerufen September 2025). 9. Steagall PV, Bustamante H, Johnson CB, Turner PV. Pain management in farm animals: focus on cattle, sheep and pigs. Animals. 2021;11(6):1483. doi:10.3390/ani11061483
10. Stäbler R, Patzkéwitsch D, Reese S, Erhard M, Hartmannsgruber S. Behavior of domestic pigs under near-natural forest conditions with ad libitum supplementary feeding. Journal of Veterinary Behavior. 2022; 48:20–35. doi:10.1016/j.jveb.2021.10.011






