Rinder auf der Weide

Schlachtung von sogenannten Nutztieren - Rind

Für jedes Stück Fleisch muss ein Tier sein Leben lassen. Wir informieren über die Prozesse rund um die Schlachtung.

29.6.2022

Bei der Schlachtung von Rindern kommen, wie zum Beispiel auch bei der Schlachtung von kleinen Wiederkäuern, elektrische und mechanische Betäubungs-Methoden zum Einsatz.

In Österreich wird hauptsächlich die mechanische Betäubung mittels Bolzenschuss angewandt. Schlachthöfe, in denen die Tiere über Förderbänder zu einer Fixierung befördert und dort elektrisch betäubt werden, gibt es bisher in Österreich nicht.

Mechanische Betäubung - Bolzenschuss

Beim Bolzenschuss gibt es die Unterscheidung in die penetrierende und in die nicht-penetrierende Betäubung. Die zum Einsatz kommenden Geräte, die per Hand von einer Person an den Schädel des Tieres gedrückt oder in einem gewissen Abstand zum Schädel gehalten werden müssen, können mit Patronen oder pneumatisch betrieben sein.

Wie der Name schon sagt, dringt der Bolzen bei der penetrierenden Betäubung durch die Schädeldecke ins Gehirn ein und verursacht dort eine Schädigung des Gehirngewebes. Wichtig dabei ist, dass der Betäuber den sogenannten Bolzenschussaparat korrekt am Kopf des Tieres ansetzt, um zu gewährleisten, dass der eindringende Stift auch tatsächlich das Gehirn trifft. Dazu gibt es, je nach Tierart (Rind, Schwein, Pferd, Schaf, Ziege), genaue Vorgaben, an welcher Stelle und in welchem Winkel das Gerät angesetzt werden muss.

Bei der nicht-penetrierenden Bolzenschussbetäubung wird die Schädeldecke nicht durchbrochen. In diesem Fall wird das Gerät nicht direkt auf die Schädeldecke gedrückt, sondern in einem Abstand zum vorgeschriebenen Punkt gehalten. Ein pilzförmiger Bolzen wird mit Druckluft oder mittels Patrone auf die Schädeldecke geschossen und fährt anschließend wieder zurück. Durch die dadurch entstehende Erschütterung des Gehirns wird die erwünschte Betäubung ausgelöst1.
 

Rinder

Ein korrekter Ansatz des Bolzenschussgeräts kann nur in Ruhe bei einem fixierten Tier erfolgen, welches den Kopf nicht hin und her bewegen kann. Nur eine Fixierung verhindert, dass das Tier in letzter Sekunde den Kopf wegzieht und gegebenenfalls an anderer Stelle schwer verletzt und nicht betäubt wird. Deshalb werden Rinder einzeln in sogenannte Betäubungsboxen bzw. Betäubungsfallen getrieben und dort der Kopf fixiert. Dazu sind unterschiedliche Systeme im Einsatz, welche den Kopf von oben, von der Seite aber auch von unten maschinell fixieren. Auch das Einstellen der Boxen an unterschiedlich große Tiere muss möglich sein. Auf vielen Schlachthöfen in Österreich wird vom Kalb, über die ausgewachsene Milchkuh bis hin zu einem Maststier alles geschlachtet, weshalb eine größenverstellbare Box, im Sinne des Tierschutzes, vorhanden sein sollte.

Der tatsächliche Tod des Tieres wird durch Entbluten ausgelöst. Beim Einsatz eines penetrierenden Bolzenschussaparates muss der Entblutestich bis spätestens 60 Sekunden nach dem Betäuben gesetzt werden. Beim nicht-penetrierenden Bolzenschuss bis spätestens 30 Sekunden2.

Das betäubte Tier bricht, bei korrekter Betäubung, in der Betäubungsbox zusammen. Der Betäuber muss dann das Tier unverzüglich aus der Fixierung lösen. Meist verfügen die Betäubungsboxen über eine zu öffnende Seitenwand, über die die betäubten Tiere aus der Box fallen. Dort sollte eine Betäubungskontrolle stattfinden, bevor sie an einem Hinterbein für das Stechen und entbluten hochgezogen werden.

Rind in Deutschland

Probleme bei der Schlachtung und Betäubung von Rindern auf Schlachtbetrieben

Bei dem gängigen Schlachtprozess treten gleich mehrere Kritikpunkte auf

Zustand der Tiere bei der Ankunft³

Werden Milchkühe, Mutterkühe oder auch Zuchtstiere zur Schlachtung gebracht, dann hat dies oft einen Grund. Die Tiere befinden sich, laut der gängigen Praxis, am „Ende ihrer produktiven Zeit“ und werden aufgrund ihrer gesundheitlichen Konstitution, mit welchem Hintergrund auch immer, zur Schlachtung geschickt. Viele dieser Tiere leiden dann bereits am Haltungsbetrieb länger an Schäden und Schmerzen und kommen beeinträchtigt am Schlachthof an.

Unter diese Kategorie fallen auch Tiere, die bereits längere Strecken unterwegs waren oder aufgrund der Bedingungen am Transport geschwächt wurden und somit erschöpft oder verletzt am Betrieb ankommen. Ein besonders vorsichtiger Umgang und das Vorziehen solcher Tiere, um ihnen noch längeres Leiden zu ersparen, passiert nur in den seltensten Fällen.  

Schlachtung von trächtigen Kalbinnen⁴ oder Kühen

Auch auf Österreichs Schlachthöfen landen trächtige Rinder in unterschiedlichen Trächtigkeitsstadien, teils sogar im letzten Drittel der Trächtigkeit5. Eine aktuelle Studie, die auf einem österreichischen mittelgroßen Betrieb 1.633 weibliche Rinder auf eine mögliche Trächtigkeit untersuchte, fand bei 6,4% eine solche vor6. EU-weite andere Studien zeigen ein sehr ähnliches Bild7, 8. Derzeit gibt es in Österreich keine Verordnung, die es verbietet, tragende Tiere zu schlachten. Dass Kalbinnen oder Kühe trächtig oder sogar hochträchtig zur Schlachtung gegeben werden, hat unterschiedliche Gründe. Zum einen kann dies passieren, wenn die Tiere auf der Weide oder Alm ungeplant gedeckt werden, wenn das Tier plötzlich so schwer erkrankt, dass es trotz Trächtigkeit zur Schlachtung gegeben werden muss oder schlichtweg, weil am Herkunftsbetrieb schlecht geplant wurde.

Ab welchem Trächtigkeitsstadium Föten Schmerzen und gegebenenfalls den Stress der Mutter fühlen können, darüber ist sich die Wissenschaft noch nicht ganz einig. Es wird zum Teil davon ausgegangen, dass Föten ab der zweiten Hälfte der Schwangerschaft Empfindungen, die sich von der Mutter übertragen, und selbst Schmerz wahrnehmen können9.

Das Kalb ist ohne die Versorgung durch den Organismus der Mutter nicht lange lebensfähig. Hinzu kommt der Fakt, dass laut Gesetzgebung kein lebendes Tier den Schlachthof verlassen darf. Was dies für ein solches Kalb bedeutet, kann man sich denken.

Fixierung für die Betäubung in der Betäubungsbox

Für eine korrekte Betäubung von Rindern ist es unumgänglich, diese effektiv zu fixieren, um unnötiges Leiden zu verhindern. Auf Schlachtbetrieben kommen aber angefangen von Kälbern, über Mastochsen und Maststieren bis hin zu Milchkühen und Zuchtstieren – mit und ohne Hörner – alle Größenvertreter an. 

Moderne Betriebe verfügen meist über größenverstellbare Betäubungsfallen, die eine Anpassung ermöglichen. Ältere Betriebe hingegen haben eine solche Box nicht. Probleme, die dabei entstehen können sind, dass Tiere, die zu klein oder auch zu groß sind, unter Anwendung von Gewalt versucht werden, in die Box zu treiben. Zu kleine Tiere können sich in den Boxen umdrehen, zurückdrängen und nicht adäquat fixiert werden, wodurch es zum einen natürlich zu enormem Stress und zu Angstsituationen und zum anderen zu Fehlbetäubungen und schweren Verletzungen kommen kann10. Unnötige Versuche, zum Beispiel Tiere, die über besonders lange Hörner verfügen oder sehr groß sind, in die Box zu bekommen, erfordern meist auch den Einsatz von elektrischen Treibhilfen.

Für die Betäubung von gehunfähigen, zu großen/zu kleinen Tieren oder für Tiere mit zu langen Hörnern müssen alternative Möglichkeiten für die Fixierung und der Betäubung geschaffen werden11.

Fehlbetäubungen durch schlecht gewartetes Material oder ermüdetes Personal

Nicht nur auf Betrieben mit hohen Schlachtzahlen und einer hohen Geschwindigkeit des Schlachtbandes kommt es vor, dass Mitarbeiter ermüden und das Betäubungsgerät nicht mehr so konzentriert ansetzen. Auch in den, im Vergleich zu anderen Ländern eher kleineren, Schlachtbetrieben in Österreich muss der Betäuber am Tag bis zu mehrere hundert Rinder korrekt und in Ruhe betäuben. Ermüdungserscheinungen beim Personal und auch Probleme bei den Betäubungsgeräten, die grundsätzlich regelmäßig gewartet und serviciert werden sollten, werden als häufige Ursachen von tierschutzrelevanten Problemen angegeben12.

VIER PFOTEN FORDERT

  • Hohe Strafen für Personen, die am Schlachthof gegen die geltenden Vorschriften verstoßen und wirksame Sanktionen für Schlachtbetriebe, welche die Einhaltung der Vorschriften nicht gewährleisten.
  • Eine verpflichtende Kameraüberwachung an allen sensiblen Stellen: Überwacht werden sollen mindestens das Entladen der Tiere bei der Ankunft, der Zutrieb zur Betäubung, die Fixierung und die Betäubung sowie das Stechen/Entbluten der Tiere. Zudem fordern wir eine manipulationssichere Aufbewahrung und regelmäßige Auswertung der Aufzeichnungen von einer unabhängigen Kontroll-Institution.
  • Die ständige Anwesenheit eines vom Schlachthof unabhängigen Tierarztes, der alle, für das Wohl der Tiere relevanten, Bereiche überwacht und bei auftretenden Problemen über Entscheidungsbefugnis gegenüber den Schlachthofmitarbeitern verfügt.
  • Eine Unterstützung und Förderung von Betrieben, die ihre Tiere am Hof schlachten möchten - unter Einhaltung strenger Tierschutzbestimmungen und unter Anwesenheit eines Tierarztes.
  • Die Durchführung von Nottötungen so schnell als möglich am landwirtschaftlichen Betrieb durch Tierärzte (Euthanasie) oder wenn dies nicht rasch möglich ist, durch eine qualifizierte Person im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben durch vorherige Betäubung und Entblutung.
  • Das Vermeiden langer Wartezeiten und des damit einhergehenden Leidens der zur Schlachtung bestimmten Tiere. Das Ausladen der Tiere am Schlachthof muss innerhalb von 30 Minuten stattfinden, die Schlachtung innerhalb von maximal zwei Stunden nach Ankunft am Schlachthof.
  • Verbot einer Schlachtung ohne Betäubung, auch bei rituellen Schlachtungen.

Fußnoten

4 Kalbin: Weibliches Rind, das noch kein Kalb bekommen hat

Quellenverweis

1, 2, 3 EFSA. (2020). Welfare of cattle at slaughter. EFSA Journal; 18(11):6275.
5, 6 Zitterer, I., & Paulsen, P. (2021). Slaughter of pregnant cattle at an Austrian abattoir: Prevalence and gestational age. animals 11, 2472, 1-10.
7 Braunmiller, K. (2015). Schlachtung von trächtigen Kühen - Erfahrungen der Schlachthoftierärzte. Deutsches Tierärzteblatt 1/2015, pp. 4-8.
8, 10 EFSA. (2017). Animal welfare aspects in respect of the slaughter or killing of pregnant livestock animals (cattle, pigs, sheep, goats, horses). John Wiley and Sons Ltd on behalf of European Food Safety Authority.
9 HSA. (2016). Humane Handling of LIvestock. Wheathampstead, Herts: Human Slaughter Association.
11 bsi. (2013). Gute fachliche Praxis der tierschutzgerechten Schlachtung von Rind und Schwein. bsi-Schwarzenbek.
12 EFSA. (2020). Welfare of cattle at slaughter. EFSA Journal; 18(11):6275.

Jetzt Teilen!

Suche