Hühner im Stall

Marktcheck Hühner- und Putenfleisch: Österreichische Tierschutz-Standards besser als im Ausland, aber lange nicht gut   

VIER PFOTEN und Konsumentenschutz der AK Oberösterreich nehmen Gütesiegel unter die Lupe    

10.2.2021

Wien Ein Marktcheck von VIER PFOTEN gemeinsam mit dem Konsumentenschutz der AK Oberösterreich zeigt die Bedingungen der Haltung von Masthühnern und Puten in Österreich und nimmt die gesetzlichen Bestimmungen sowie die gängigen Gütesiegel unter die Lupe. Dabei wird deutlich, dass die Mindeststandards in Österreich im Vergleich mit dem EU-Ausland zwar besser, aber aus Tierschutzsicht nach wie vor viel zu schwach sind. Das gängigste der österreichischen Labels, das AMA-Gütesiegel, geht über die gesetzlichen Vorgaben kaum hinaus. Mehr Tierwohl bieten Bio- und Tierwohl-Gütesiegel.  

Bei einem durchschnittlichen Fleischkonsum von 62,6 kg im Jahr essen Herr und Frau Österreicher 9,3 kg Hühnerfleisch und 2,6 kg Putenfleisch, die Tendenz ist aber steigend. Der Selbstversorgungsgrad in Österreich bei Hühnerfleisch liegt bei 83 Prozent, bei Putenfleisch gerade einmal bei 42 Prozent. 

Tierwohlstandards in der Hühner- und Putenhaltung

„Österreich bietet Puten und Geflügel mehr Platz, als die EU vorschreibt. Denn bei der Pute gibt es in der EU überhaupt keine Mindeststandards, was wirklich eine Schande ist. Aber ansonsten werden auch bei uns sowohl bei der Pute als auch beim Masthuhn ganz wesentliche Tierwohlaspekte nicht berücksichtigt“, sagt VIER PFOTEN Kampagnenleiterin Veronika Weissenböck. „Dazu kommt, dass wir vor allem über die Gastronomie und die verarbeiteten Produkte sehr viel Fleisch aus dem Ausland konsumieren. Das Argument, dass es bei uns ja ohnehin besser ist, gilt also leider wirklich nur sehr eingeschränkt; mangels Kennzeichnungspflicht bleibt das Tierwohl im Dunkeln.“  

Probleme sind vielfältig

Die meisten europäischen Ställe halten im Durchschnitt mit 60-70 kg/m² um ein Drittel mehr Puten als in Österreich erlaubt sind (maximal 40 kg/m²). Masthühner haben in der EU eine maximale Besatzdichte von bis zu 42 kg/m², in Österreich 30 kg/m². Laut der EU-BIO Verordnung sowie bei den Labels BIO-Austria und AMA-BIO haben sowohl Puten als auch Masthühner deutlich mehr Platz.  

Tierwohlstandards in der Hühner- und Putenhaltung

Über die so genannte Besatzdichte, also die Anzahl der Tiere pro Quadratmeter, hinaus gibt es für Puten und Masthühner in Österreich aber keine Vorteile. Vielmehr gibt es gravierende Probleme, etwa das viel zu schnelle Wachstum, das unter anderen zu Lahmheiten und massiven Knochen- und Gelenksproblemen führen kann. Denn das oberste Ziel in der intensiven Produktion von Mastgeflügel ist die Erzeugung mit möglichst geringen Kosten und damit die schnelle Gewichtszunahme in kurzer Zeit auf wenig Platz.  

Veronika Weissenböck. „Auch wenn immer mehr gilt ‚Regional ist das neue Bio‘: Es gibt leider gerade beim Fleisch nichts zu beschönigen. In Österreich werden Hochleistungsrassen und damit Tiere verwendet, die absurde und völlig unnatürliche Ausmaße bekommen. Das Schlachtgewicht beträgt bei männlichen Puten ca. 21 kg, bei weiblichen ca. 10 kg. Im Vergleich dazu kommen ausgewachsene männliche Truthühner in der freien Natur nur auf ca. 5-11 kg, die weiblichen auf ca. 2,5-4 kg. Diese Hochleistungstiere müssen bis zu einem Kilo pro Woche in ihrem kurzen Leben zulegen, bevor sie mit 15 bis 20 Wochen geschlachtet werden. Durch das schnelle Wachstum und ihr hohes Endgewicht haben Puten in ihren letzten Lebenswochen Schwierigkeiten sich zu bewegen.“  

Ein weiteres Beispiel: Haben Puten nicht ausreichend Platz und kein ausreichendes Beschäftigungsmaterial, neigen sie zu Verhaltensstörungen wie Federpicken oder gar Kannibalismus. Um dem entgegenzuwirken, erlaubt die 1. Tierhaltungsverordnung ausdrücklich das Kürzen der Schnäbel, was allerdings auch nichts daran ändert, dass sich die Tiere in den beengten und strukturlosen Ställen gegenseitig verletzen.  

„Einem Vogel ohne Betäubung den Schnabel abzuschneiden ist in etwa so, als würde man einem Menschen die Fingerkuppe abschneiden. Wie beim Menschen ist es ein wichtiges Tastorgan; durch die Schnabelspitze laufen empfindliche Nervenenden. Hier zeigt sich die gesamte Perversion unseres Systems: Die Tiere werden dem Haltungssystem angepasst und dafür sogar zurechtgestutzt, also verstümmelt. Es sollte doch genau umgekehrt sein: Die Haltung sollte den Bedürfnissen der Tiere angepasst sein“.

VIER PFOTEN Kampagnenleiterin Veronika Weissenböck

VIER PFOTEN fordert mehr Platz für die Tiere, Zugang zu Auslauf oder Wintergarten sowie den Einsatz langsam wachsender Rassen und speziell bei Puten ein Verbot des Schnabelkupierens.  

Das Geflügelfleisch aus dem Ausland, vor allem das unter katastrophalen Haltungsbedingungen produzierte billige Putenfleisch, landet vor allem in der Gastronomie und der öffentlichen Versorgung, aber auch in den verarbeiteten Produkten wie Würsten.  

Masthuhn & Pute: Bewertung Tierwohlstandards

Masthuhn & Pute: Bewertung Tierwohlstandards

Masthuhn & Pute: Bewertung Tierwohlstandards

Die Lösung für mehr Transparenz liegt für die Tierschutzorganisation in einer konsequenten Kennzeichnung von Haltungsstandards und Herkunft für alle Bereiche, vom Lebensmitteleinzelhandel bis zur Gastronomie. „Nur so können Konsumentinnen und Konsumenten wissen, was ihnen vorgesetzt wird und gute Entscheidungen treffen. Profitieren würden außerdem selbstverständlich die Tiere, aber natürlich auch die Landwirtinnen und Landwirte, die Tiere besser halten“, erklärt VIER PFOTEN Kampagnenleiterin Weissenböck.  

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MEHR TRANSPARENZ BEI LEBENSMITTELN!


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Mag. Elisabeth Penz

Mag. Elisabeth Penz

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Über VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz
VIER PFOTEN ist die globale Tierschutzorganisation für Tiere unter direktem menschlichem Einfluss, die Missstände erkennt, Tiere in Not rettet und sie beschützt. Die 1988 von Heli Dungler und Freunden in Wien gegründete Organisation tritt für eine Welt ein, in der Menschen Tieren mit Respekt, Mitgefühl und Verständnis begegnen. Im Fokus ihrer nachhaltigen Kampagnen und Projekte stehen Streunerhunde und -katzen sowie Heim-, Nutz- und Wildtiere – wie Bären, Großkatzen und Orang-Utans – aus nicht artgemäßer Haltung sowie aus Katastrophen- und Konfliktzonen. Mit Büros in Australien, Belgien, Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Kosovo, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz, Südafrika, Thailand, der Ukraine, den USA und Vietnam sowie Schutzzentren für notleidende Tiere in elf Ländern sorgt VIER PFOTEN für rasche Hilfe und langfristige Lösungen.

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