Unser Team auf Silk Island

Streunerhilfe auf Silk Island: Arbeiten bei 36 Grad Celsius

Medizinische Versorgung für über 500 Tiere in Kambodscha

18.3.2020

Wer von Phnom Penh nach Silk Island möchte, braucht nur eines der tausenden “Tuk Tuk” Motorradtaxis anhalten, die auf den Straßen der lauten Hauptstadt Kambodschas in endlosen Schleifen ihre Kreise ziehen. Obwohl die Fahrt auf die Insel nur etwa eine Stunde dauert, ist sie doch abenteuerlich: Nachdem wir den Verkehr der Hauptstraßen hinter uns gelassen haben, endet die Straße plötzlich in einem grasbewachsenen Fußgängerweg. Während neben uns der majestätische Mekong-Fluß vorbeiströmt, wie er es seit tausenden von Jahren tat, steigt mein Fahrer mit südostasiatischer Gelassenheit aus seinem Fahrzeug. Unbekümmert begutachtet er eine Weile den wenige Zentimeter breiten Trampelpfad um schließlich zu entscheiden, dass es hier nicht weitergeht. Nach etlichem Hin- und Her finden wir schließlich doch die Fähre, die uns in nur zehn Minuten über den Fluss auf Silk Island bringt.

Mobile Klinik

Frühmorgen machen wir uns auf zu einem Buddhistischen Tempel, neben dem wir unsere mobile Klinik aufschlagen. Ziel ist es, innerhalb weniger Tage fünfhundert Hunde und Katzen zu impfen, medizinisch zu versorgen und zu sterilisieren. Wie notwendig vor allem letzteres ist, wurde unserem Team erst nach der Ankunft auf der Insel klar: Jeder Haushalt scheint hier mehrere Tiere aufgenommen zu haben, dennoch breitet sich die Population weiterhin ungehindert aus.

Bereits früh am Morgen warten schon die ersten Anwohner auf uns, die ihre Tiere vorbeibringen. Unsere Hilfe wird mit offenen Armen in Anspruch genommen, denn auf der Insel gibt es keinen Tierarzt. Die Überfahrt nach Phnom Penh ist für die meisten nicht erschwinglich – geschweige denn eine teure veterinärmedizinische Versorgung ihrer geliebten Hunde und Katzen.

So arbeitet unser Team im Akkord, von früh bis spät werden unsere tierischen Patienten versorgt. Sogar die lokalen Mönche helfen uns beim Einsammeln, und für die besonders scheuen Zeitgenossen haben wir extra unser Streunerhilfe-Team aus der Ukraine eingeflogen, die auch die schüchternsten Hunde und Katzen erfolgreich einfangen.

VIER PFOTEN Tierärtze im Einsatz

Hungrige Mäuler

Zusätzlich fahre ich mit meinem Kollegen von Animal Rescue Cambodia von Haus zu Haus, um Tiere direkt von den rustikalen Häusern der Bewohner abzuholen. Ich treffe auf eine Dame, die dreizehn Hunde bei sich aufgenommen hat. Jeden Tag muss sie Futter für die hungrigen Mäuler aufstellen, was auf dieser Insel, in der jeder gerade genug für sich hat, eine Herausforderung ist. Sie tut es dennoch mit Freude, denn sie möchte nicht, dass den Tieren etwas passiert – die Schergen des Hundefleischhandels sind in Kambodscha leider omnipräsent.

Zurück in der Klinik herrscht gerade Aufruhr, denn soeben wurde ein Notfall zu uns gebracht. Hund Ginou hat große Probleme beim Atmen, und man erkennt den Grund dafür auf den ersten Blick: sein Bauch ist stark aufgebläht und offenbar mit Flüssigkeit gefüllt. Katherine Polak, Tierärztin und Leiterin unserer Streunerhilfe in Südostasien, erklärt mir, dass die Flüssigkeit auf seine Brust und sein Herz drückt, weshalb er nur noch schwer atmen kann. Sie entscheidet, dass er sofort von der Insel und in eine Veterinärklinik gebracht werden muss, um sein Leben zu retten.

Arbeiten bei 36 Grad Celsius

Es ist mittlerweile später Nachmittag. In unserer Klinik unter freiem Himmel hat es 36 Grad im Schatten, kein noch so zarter Lufthauch bewegt die vor Hitze flimmernde Luft. Dennoch erkenne ich bei unserem Team kaum Ermüdungserscheinungen, auch wenn bis auf eine kurze Mittagspause den ganzen Tag durchgearbeitet wird. Doktor Polak packt selbst mit an wo es geht, obwohl sie sich am ersten Tag bei der Arbeit eine Knieverletzung zugezogen hat. Im Krankenhaus in Phnom Penh hat sie eine provisorische Schiene angelegt bekommen, anstatt ihre Verletzung auszukurieren, kehrte sie bereits am nächsten Tag zu ihrem Team zurück.

Katherine (Links) mit Hund Goh

Patientenbesuch in der Stadt

Die Tage auf Silk Island vergehen schnell, denn es ist immer etwas los und die Reihe der zu behandelnden Tiere nimmt scheinbar kein Ende. Am letzten Tag der Mission nimmt mich Doktor Polak mit nach Phnom Penh. Gemeinsam wollen wir Hund Ginou besuchen, der die letzten Tage in einer Klinik in der Stadt behandelt wurde. Glücklicherweise hat die Therapie voll angeschlagen und Ginou begrüßt uns bereits schwanzwedelnd und voller Energie. An nächsten Tag soll er bereits zurück auf die Insel zu seiner sehnsüchtig wartenden Besitzerin gebracht werden.

Tierschützerin rund um die Uhr

Am letzten Abend frage ich Doktor Polak, ob sie sich nach den schweißtreibenden Tagen auf der Insel auch schon aufs Wochenende freut. Sie erzählt mir, dass sie bereits am nächsten Tag frühmorgens losfahren würde, um ein Hundeschlachthaus im Hinterland Kambodschas zu besuchen. Sie möchte mit dem Besitzer reden und versuchen, ihn von der Grausamkeit der Hundefleischindustrie zu überzeugen und gemeinsam mit ihm eine andere Möglichkeit zu finden, wie er seine Familie ernähren kann.

Es ist noch ein weiter Weg für uns hier in Kambodscha und in Südostasien, aber zumindest auf Silk Island gibt es nun mehrere hundert Hunde und Katzen, die gesund und munter dem Mekong beim Fließen zusehen können.

"Es ist das erste Mal überhaupt, dass die Tiere auf Silk Island veterinärmedizinische Versorgung bekommen. Obwohl wir so nahe an der Hauptstadt sind, ist der nächste Tierarzt für die Bewohner hier doch unerreichbar. Wir spüren jeden Tag die Dankbarkeit der Bevölkerung, dass sich jemand um ihre Lieblinge kümmert."

Dr. Katherine Polak, Leiterin Streunerhilfe Programm Südostasien, VIER PFOTEN

Hund Goh in Silk Island

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Andreas Rainer

Podcast-Moderator und Autor bei VIER PFOTEN

Andreas moderiert und schreibt die Skripte für den deutschsprachigenen VIER PFOTEN Podcast. Darüber hinaus arbeitet er als Journalist für verschiedene österreichische und internationale Publikationen. Als Geschichtenerzähler begleitet er viele Projekte von VIER PFOTEN und berichtet darüber für unsere engagierte Community.

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