EU-Kommissar will Pelztierhaltung konsolidieren: Droht auch Österreich die Wiedereinführung von Pelzfarmen?

VIER PFOTEN warnt vor „beispiellosem Skandal“: Vytenis Andriukaitis agiert völlig im Alleingang

11.3.2019

Brüssel/Wien - VIER PFOTEN schlägt Alarm: Derzeit sorgt ein Alleingang des für Tierschutz zuständigen EU-Kommissars Vytenis Andriukaitis in Europas Tierschutzszene für große Aufregung. Andriukaitis möchte die Pelztierhaltung praktisch konsolidieren. Mit einem so genannten „Tierwohlreferenzzentrum“ sollen die Standards für die Haltung von Nerz, Marderhund, Fuchs etc. festgeschrieben werden. Deshalb startet jetzt VIER PFOTEN gemeinsam mit dem Dachverband der europäischen Tierschutzorganisationen Eurogroup for Animals eine Petition, um diesen Plan zu verhindern.

Pelz ist Tierqual

Weg damit aus der EU!

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„Die Auswirkungen dieses so positiv klingenden Referenzzentrums sind verheerend“, warnt Heli Dungler, Gründer und Präsident von VIER PFOTEN. „Wenn das Halten von Wildtieren genauso normal, ja sogar erwünscht ist wie das Halten von Nutztieren, dann werden Pelzfarmen schlicht salonfähig gemacht. Und wenn man denkt, dass der freie Wettbewerb einer der Grundpfeiler der EU ist, wird es wohl nicht lange dauern, bis das österreichische Verbot von Pelztierfarmen unter Beschuss steht. Ich persönlich bezweifle, dass wir es langfristig aufrechterhalten können. Das Ganze ist ein Riesenskandal!“

Ein Tierwohlreferenzzentrum soll nach Vorstellungen des Kommissars offiziell fachliche Unterstützung für EU-Länder bei ihren Tierschutzkontrollen bieten. Ihre Absicht ist außerdem die Etablierung von Standards und Good Practice Beispielen im Tierschutz. Allerdings würde das bei Wildtieren die gleiche Reglementierung von Haltungsbedingungen wie bei anderen Tierarten bedeuten – ein absolutes No-Go für Tierschützer. „Wildtiere gehören, wie der Name bereits deutlich macht, in die Natur und niemals in Gefangenschaft“, macht Heli Dungler klar. „Außerdem schließen Tierschutz und Pelzfarmen einander aus. Es gibt keinen ethisch oder tierschutzkonform erzeugten Pelz.“

Die Rolle von EU-Kommissar Andriukaitis ist in diesem Fall äußerst dubios. „Der eigentlich für Tierschutz zuständige Kommissar wehrt sich vehement, ja fast rabiat gegen jede Kritik von Tierschutzorganisationen. Er verweigert den NGOs schlicht den Dialog. Es ist unklar, was ihn hier antreibt“, berichtet Dungler. „Wie es scheint, will er dieses Vorhaben, das gegen jeden Tierschutzgedanken steht, unbedingt durchziehen.“ Während immer mehr EU-Mitgliedsstaaten den Zeitgeist erkennen und die Pelztierhaltung verbieten, geht der EU-Kommissar also genau in die andere Richtung.

Die Ironie dabei: Vor fast einem Jahr war EU-Kommissar Andriukaitis Gast und Speaker beim 1. Internationalen Tierschutzgipfel, den VIER PFOTEN in Wien veranstaltete. Damals erklärte er wortwörtlich: „Tierschutz ist ein sehr wichtiger Teil meiner Verantwortung und tatsächlich eine meiner persönlichen Prioritäten als Kommissar für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Wir sollten hier nicht den Fuß vom Pedal nehmen, unsere Tierschutzaktivitäten nicht verlangsamen. Es gibt noch viele Probleme, die zu lösen sind, und wir müssen die EU Politik für Tierschutz weiterhin proaktiv gestalten.“

Eine Reihe von Mitgliedsstaaten wie Österreich, Belgien, die Niederlande, Luxemburg, Slowenien, Tschechien, Kroatien und das Vereinigte Königreich haben die Haltung von Pelztieren gesetzlich verboten. Dort existieren schon heute keine Pelzfarmen mehr, oder diese Praxis läuft nach einer Übergangszeit aus. Entsprechende Regelungen sind für Polen, Irland, Litauen und Estland angekündigt oder werden derzeit geprüft. In Dänemark ist die Haltung von Füchsen auf Pelzfarmen untersagt. In Österreich hat die letzte Pelzfarm bereits 1998 ihre Pforten geschlossen.

Andere EU-Mitgliedstaaten, namentlich Deutschland, Italien und Schweden, haben strengere Haltungsvorgaben für Pelztiere erlassen, die langfristig zu einem Aus dieser Praxis führen dürften. Mit einer Schließung der letzten deutschen Nerzfarm ist spätestens Mitte 2022 zu rechnen.

„VIER PFOTEN ist 1988 gegründet worden. Eines unserer ersten großen Ziele war das Verbot von Pelzfarmen – es gab damals noch etwa 60 solcher Farmen in Österreich“, sagt VIER PFOTEN Präsident Dungler. „Was für ein Meilenstein für Österreichs Tierschutz, als das Verbot mit dem Österreichischen Tierschutzgesetz 2005 endlich de facto in Kraft trat! Wir haben alle mit so viel Herzblut dafür gekämpft, damit diese Tierqual endlich Geschichte wird. Jetzt sehen wir unsere Errungenschaft gefährdet.“ Laut Dungler gilt es jetzt, unverzüglich zu handeln und diesen gefährlichen Alleingang des EU-Kommissars zu verhindern: „Wir fordern die zuständige Bundesministerin Hartinger-Klein auf, sich entschieden und proaktiv dagegen zu positionieren. In dieser Angelegenheit nicht alle Möglichkeiten auszuschöpfen, stellt Österreichs Vorreiterrolle im Kampf gegen die grausame Pelzproduktion in Frage.“

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Über VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz
VIER PFOTEN ist die globale Tierschutzorganisation für Tiere unter direktem menschlichem Einfluss, die Missstände erkennt, Tiere in Not rettet und sie beschützt. Die 1988 von Heli Dungler und Freunden in Wien gegründete Organisation tritt für eine Welt ein, in der Menschen Tieren mit Respekt, Mitgefühl und Verständnis begegnen. Im Fokus ihrer nachhaltigen Kampagnen und Projekte stehen Streunerhunde und -katzen sowie Heim-, Nutz- und Wildtiere – wie Bären, Großkatzen und Orang-Utans – aus nicht artgemäßer Haltung sowie aus Katastrophen- und Konfliktzonen. Mit Büros in Australien, Belgien, Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Kosovo, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz, Südafrika, Thailand, der Ukraine, den USA und Vietnam sowie Schutzzentren für notleidende Tiere in elf Ländern sorgt VIER PFOTEN für rasche Hilfe und langfristige Lösungen.

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