Drei Wildkaninchen-Babys gerettet und in EGS Haringsee gebracht

VIER PFOTEN-Hinweis: Nicht jedes verlassene Wildtier braucht Hilfe

7.4.2017

Drei Wildkaninchen-Babys wurden vor zwei Tagen in die von VIER PFOTEN geführte Eulen- und Greifvogelstation Haringsee (EGS) gebracht. Sie hatten Glück im Unglück: Im Garten der Werkstätte Baumgarten der „Lebenshilfe Niederösterreich“ war eine Besucherin mit dem Fuß in einen Kaninchenbau eingebrochen. Dabei stürzte die Wurfhöhle der Babys ein und begrub die Kleinen mit Erdmassen.
 
„Da der Bau zerstört war, mussten die Jungen evakuiert werden und konnten auch nicht mehr zurückgesetzt werden. Damit handelt es sich um einen der wenigen Fälle, in denen das Retten eines Jungtieres richtig und wichtig ist“, sagt Brigitte Kopetzky von VIER PFOTEN. 
 
Kaninchen sind im Gegensatz zu Feldhasen Nesthocker und verlassen ihren Bau erst, wenn sie schon relativ weit entwickelt sind, etwa mit vier Wochen. Sie kommen unbehaart zur Welt und öffnen die Augen mit ca. 10 Tagen. „Unsere kleinen Gäste haben noch geschlossene Augen“, erzählt Kopetzky.
 
Die VIER PFOTEN-Expertin warnt ausdrücklich: „Nicht jedes junge Wildtier braucht menschliche Hilfe, auch wenn es vielleicht alleine ist bzw. verlassen wirkt.“
 
VIER PFOTEN rät generell jedem, der ein vermeintlich verlassenes Jungtier findet, die Sachlage vor Ort unbedingt telefonisch mit einer kompetenten Wildtierstation wie der EGS  zu besprechen. „Damit kann womöglich verhindert werden, dass es  grundlos der Mutter weggenommen wird“, so Kopetzk


Ein Jungtier braucht ausschließlich dann menschliche Hilfe,

  • wenn die Mutter nachweislich verunglückt ist. 
  • das Jungtier sichtbar verletzt ist. 
  • das Jungtier an einer gefährlichen Stelle – zum Beispiel einer Straße – sitzt und es keine
  • Möglichkeit gibt, das Kleine an einen sicheren Ort in der Nähe zu setzen
  • es sich um einen noch kleinen Nestling handelt, also einen wenige Tage alten  Jungvogel.


    Zum letzten Punkt muss man wissen: Singvogelnestlinge sind teilweise oder gänzlich unbefiedert. Sie können meist noch nicht auf ihren Beinen stehen und hüpfen nicht herum, wie die so genannten Ästlinge das schon machen. Eulen- oder Greifvogeljunge sind zwar mit einem Federflaum bedeckt, man kann aber bei Nestlingen nach wie vor keine richtigen Federn erkennen. Ästlinge haben im Gegensatz zu Nestlingen trotz ihres immer noch flauschigen Aussehens schon weit entwickelte Schwungfedern an ihren Flügeln.

    „Natürlich weckt ein scheinbar hilfloses Jungtier in der Wiese oder im Feld das Bedürfnis, es zu retten. Tatsache ist aber: In den seltensten Fällen sind Jungtiere wirklich verwaist“, betont Kopetzky. Zur Strategie vieler Tierarten gehört es nämlich, ihre Jungen an einer sicheren Stelle abzulegen, um sie vor Fressfeinden besser zu verbergen. Junge Rehe oder Feldhasen verbringen den ganzen Tag in ihrem Versteck. Die Mutter ist währenddessen in der Nähe auf Futtersuche und kommt nur wenige Male am Tag zu ihrem Jungen, um es zu säugen. 

    „Wenn Sie also Sie ein junges Reh oder einen jungen Feldhasen finden, sollte zunächst mal „Finger weg!“ die Devise sein“, rät Kopetzky. „Jede menschliche Berührung bedeutet Todesangst und Stress für Wildtiere. Berühren Sie das Jungtier wirklich nur, wenn es absolut notwendig ist. Denn die Wildtiermutter kann von niemandem ersetzt werden.“ Die späteren Überlebenschancen eines Jungtieres, das von seiner Mutter aufgezogen wurde, sind immer noch die besten.

    Ähnlich verhält es sich auch mit jungen Eulen, Greifvögeln und vielen Singvögeln. Ästlinge wandern sogar aktiv aus ihren Nestern und sitzen als auf  Bäumen oder Sträuchern. Manchmal fallen sie bei ihren Kletterversuchen auch auf den Boden. Sie werden in allen Fällen weiter von ihren Eltern versorgt. Eventuell kann man versuchen, den Jungvogel wieder auf einen Ast hinaufzusetzen. Kleinen Eulen gelingt es aber in der Regel selbst, wieder auf einen Baum hinaufzuklettern, während junge Singvögel von ihren Eltern unter dichte Hecken oder Büsche in Sicherheit gelotst werden.
     
    Ganz wichtig ist auch: Menschliche Berührung ist kein Grund, das Tier mitzunehmen. „Selbst wenn  das Jungtier schon berührt wurde, sollte man es nicht mitnehmen. Der Mutterinstinkt ist viel zu groß, als dass Mütter ihre Jungen verstoßen würden“, berichtigt Kopetzky ein gängiges Vorurteil. 
     
    Ausführliche Infos zur Ersten Hilfe für Wildtiere finden Interessierte auf der Homepage der EGS Haringsee: www.eulen-greifvogelstation.at

Über VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz
VIER PFOTEN ist die globale Tierschutzorganisation für Tiere unter direktem menschlichem Einfluss, die Missstände erkennt, Tiere in Not rettet und sie beschützt. Die 1988 von Heli Dungler und Freunden in Wien gegründete Organisation tritt für eine Welt ein, in der Menschen Tieren mit Respekt, Mitgefühl und Verständnis begegnen. Im Fokus ihrer nachhaltigen Kampagnen und Projekte stehen Streunerhunde und -katzen sowie Heim-, Nutz- und Wildtiere – wie Bären, Großkatzen und Orang-Utans – aus nicht artgemäßer Haltung sowie aus Katastrophen- und Konfliktzonen. Mit Büros in Australien, Belgien, Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Kosovo, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz, Südafrika, Thailand, der Ukraine, den USA und Vietnam sowie Schutzzentren für notleidende Tiere in elf Ländern sorgt VIER PFOTEN für rasche Hilfe und langfristige Lösungen.

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